13 Gustav Strub

Neues demokratisches Leben

1946-1966

Noch immer trägt das Weingut in der Rheinstraße 36 den Namen „Altbürgermeister Gustav Strub“. Und das nicht ohne Stolz. Gustav Strub war 1946 der erste gewählte Bürgermeister Niersteins nach dem Krieg. Ganze 20 Jahre lang hatte er das Amt inne. Strub war ein sportlicher Typ, ein Handballspieler, der bei feierlichen Anlässen wie dem Winzerfest mit Leidenschaft das Tanzbein schwang, so dass ihn die Niersteiner bald den „Tanzenden Bürgermeister“ nannten.

Politisch war Strub ein erklärter Antifaschist. Doch war ihm in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg auch die Versöhnung wichtig. So erklärte er, „allen die guten Willens sind am Aufbau mitzuarbeiten die Hand zu reichen, auch den ehemaligen Parteimitgliedern der NSDAP, um damit einen Strich unter die Vergangenheit zu ziehen.“

Doch so einfach war das nicht mit dem Schlussstrich. Das musste Strub höchst selbst erfahren, als der ehemalige Nazibürgermeister Fritz Strub bei der Bürgermeisterwahl 1956 gegen ihn paktierte. Zwar trugen beide Strubs den gleichen Nachnamen, waren aber nicht verwandt. Und politisch hätten sie unterschiedlicher nicht sein können.

Fritz Strub war unter den Nationalsozialisten Niersteiner Bürgermeister gewesen – eine schillernde Persönlichkeit und unter den Nazis nicht unbedeutend, wie im Organisationshandbuch über die Funktionäre der NSDAP nachzulesen ist. Während der Entnazifizierung wurde Fritz Strub von der Spruchkammer gegen eine Geldzahlung entlastet. Nun, 10 Jahre später, versucht er nun mit seiner „Liste Fritz Strub“ die Wiederwahl des erklärten Nazigegners Gustav Strub zu verhindern. Doch der findet in einem Flugblatt an die Niersteiner deutliche Worte gegen seinen Kontrahenten:

„Wir haben 1945 das Erbe der totalen Vernichtung angetreten und in 10-jähriger unermüdlicher Aufbauarbeit Not und Elend überwunden. Es war die Zeit, wo das deutsche Volk Schmach und Schande hinnehmen, hungern und frieren musste, vertrieben wurde von Haus und Hof und der Willkür der Siegermächte bedingungslos ausgeliefert war. Alles das waren die Folgen einer falschen Politik. Wer sich erfreuen konnte an Menschenverfolgung, Judenvernichtung, Konzentrationslager, Gestapo, Krieg und vieles andere mehr, der wünscht sich diese Zeiten zurück. […] Will er diese Politik wieder in die Gemeinde hineintragen und will er wieder Hass säen und Unfrieden stiften?“

Das waren deutliche Worte und klare Kante. Bürgermeister Gustav Strub wurde wiedergewählt.

Diese Episode der Niersteiner Geschichte steht exemplarisch dafür, wie alte und neue Faschisten bis heute versuchen, die Demokratie zu untergraben und auf kommunaler Ebene wieder Fuß zu fassen. Dem entschlossen entgegen zu treten, dafür steht der Geist des Niersteiner Altbürgermeisters Gustav Strub bis heute - genauso wie das Vermächtnis aller anderer Demokraten, die wir auf unserer Tour kennengelernt haben.

Damit endet unser Rundgang. Vielen Dank, dass Sie mit uns auf den „Spuren von Freiheit und Demokratie in Nierstein“ waren. Wenn Ihnen die Tour gefallen hat, erzählen Sie es gerne weiter. Sie können alle Stationen unterwegs oder zu Hause noch einmal nachhören. Im Menü unter dem Reiter "Podcast" werden alle nacheinander - ganz bequem - abgespielt.

Wenn Sie nun die Rheinstraße hoch gehen, gelangen Sie wieder zum unserem Ausgangspunkt am Marktplatz. Auf Wiederhören.

Hier endet unsere Tour.

Die Karte unten zeigt Ihnen den Weg zurück zum Marktplatz.

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