8 Kornsand-Morde

Nazi-Verbrechen am Rhein

1945

Am 21. März 1945 dürfte auch dem letzten Niersteiner klar geworden sein, dass der Zweite Weltkrieg verloren war. Über den Weinbergen von Oppenheim waren die ersten amerikanischen Panzer in Sicht. Die Wehrmacht hatte sich auf die andere Rheinseite zurückgezogen. An den Niersteiner Kirchtürmen und am Wartturm wurden die weißen Flaggen gehisst.

Doch auf der anderen Rheinseite, auf dem Kornsand nahe dem Fähranleger, zeigte der Nationalsozialismus noch einmal seine menschenverachtende Ideologie, die sechs unschuldigen Menschen das Leben kostet.

Drei Tage vorher: Der NSDAP-Funktionär Alfred Schniering fordert für einen Arbeitseinsatz politische Gegner als Helfer an. Verhaftet werden dafür: die Sozialdemokraten Cerry und Johann Eller, der frühere Reichsbannerführer Jakob Schuch und die Kommunisten Georg Eberhardt, Nikolaus Lerch und Ludwig Ebling. Die Verhafteten hatten während der Nazi-Diktatur aus ihrer antifaschistischen Haltung keinen Hehl gemacht. Jakob Schuch war überdies in einem Widerstandsnetzwerk organisiert.

Zunächst werden die Verhafteten zur NSDAP-Kreisleitung nach Groß-Gerau geschafft. Dort aber weiß man mit ihnen nichts anzufangen. Bei der Gestapo in Darmstadt heißt es dann, sie seien als "Kommunisten" der "Aufwiegelei" beschuldigt. Dann jedoch, am Morgen des 21. März, liegt plötzlich nichts mehr gegen sie vor, sie werden freigelassen und machen sich auf den Weg zurück nach Nierstein. Sie ahnen nicht, dass dies ihr letzter Weg sein wird.

Gegen 11 Uhr kommen sie an der Fähre am Kornsand an und warten auf die Überfahrt. Doch der junge Leutnant Heinrich Funk aus Nierstein stellt sich ihnen entgegen. Er erklärt, bei der Gruppe handele es sich um die größten Verbrecher und Lumpen von Nierstein. Sie seien aus dem KZ abgehauen wollten jetzt Sabotage treiben. Als Niersteiner wisse er das. Während Ludwig Ebling durch einen glücklichen Umstand fliehen kann, werden die anderen erneut verhaftet und ins Fährlokal geschafft. Dort befiehlt der NS-Funktionär Alfred Schniering die Erschießung der Gefangenen – ohne auch nur den Anschein irgendeines gerechten Verfahrens zu wahren. Kurz darauf wird auch der Oppenheimer Volkssturmmann Rudolf Gruber, der noch einmal nach Oppenheim wollte, um einen vergessenen Rucksack zu holen, ins Fährlokal gebracht. Ihm wird Fahnenflucht vorgeworfen. Schniering befiehlt auch dessen Erschießung.

Für die Durchführung der Exekution findet Schniering zunächst aber keinen Freiwilligen. Soldaten, Volkssturmleute und Offiziere lehnen es ab, Unschuldige zu erschießen. Erst der junge Leutnant Hans Kaiser meldet sich mit den Worten: "Wenn ihr alle zu feige seid, dann mache ich es eben." Die sechs Menschen müssen ihre Gräber selbst ausheben bevor sie durch Genickschuss ermordet werden. Sie sterben am frühen Nachmittag des 21. März 1945 im Anblick ihrer Heimat. Am späten Nachmittag des gleichen Tages nehmen die Amerikaner Nierstein ein. Für die Opfer der Kornsandmorde kommt die Befreiung wenige Stunden zu spät.

Wie die US-Armee Niersteins Lage am Rhein nutzte, um den Zweiten Weltkrieg schneller zu beenden als gedacht, erfahren Sie im historischen Film an unserer nächsten Station wenige Schritte weiter. Die Karte unten zeigt, wo es lang geht.

Weiter zur nächsten Station!

Die Karte unten zeigt Ihnen den Weg zur
Rheinprommenade / Silent Crossing.

Wenn Sie dort angekommen sind, klicken Sie bitte auf "weiter"!