10 Andreas Licht

Kriegsende und Besatzung

1945

Wir schreiben den 21. März 1945. Mit dem Einrücken der US-Streitkräfte war der Zweite Weltkrieg für Nierstein zu Ende. Doch die Probleme blieben. Zwar war Nierstein weitgehend von alliierten Bombenangriffen verschont geblieben, hatte aber dennoch an deren Folgen zu tragen. Gut 2.600 bombengeschädigte Bürger, sogenannte "Ausgebombte", waren nach den Angriffen auf Mainz 1942–1945 in Nierstein untergebracht. Alles war eng und es fehlte am Nötigsten: an Nahrung, Kleidung, Heizmaterial, Wohnraum. Der Krieg hatte alle Ressourcen gekostet. Geblieben war das Misstrauen: jeder hier wusste um die Rolle des anderen während der NS-Zeit. Wer Täter oder Mitläufer war, wer im Widerstand oder innerer Migrant war. Von Schuld und Verantwortung sahen sich viele frei. Zusammenbruch, nicht Befreiung war das vorherrschende Gefühl.

Aber: die Demokratie in Deutschland hatte eine neue Chance bekommen. Nicht aus eigener Kraft, sondern nur durch den verlustreichen Einsatz der Alliierten.

Und auch die standen vor der Frage: wem ist zu trauen und wem nicht? Welchen Deutschen kann man Verantwortung übertragen? 11 Tage nach dem Einmarsch der US-Truppen wurde der Niersteiner Sozialdemokrat Andreas Licht als Bürgermeister eingesetzt. Hier stehen wir gerade vor seinem Haus. Andreas Licht war für die SPD bis 1933 im Gemeinderat tätig gewesen. Schon 1933 im KZ Osthofen interniert, stand er später auf der Feindesliste der Nazis und war im März 1945 nur knapp den Kornsand-Morden entgangen.

Nun hatte Licht schwierigste Aufgaben zu bewältigen: die strengen Befehle der US-Armee umsetzen, die Ernährung der Bevölkerung sichern, und alle Nazis aus der Verwaltung entfernen. Die Anordnungen der Amerikaner kamen schnell und klar: die NS-Gesetze wurden abgeschafft, das Abliefern aller Rundfunkempfänger und Waffen angeordnet. Alle Mitglieder von NSDAP, SS und SA mussten sich melden. Viele Häuser, vor allem die großen, wurden nun von den US-Soldaten genutzt. Die Bewohner mussten ihre Anwesen verlassen. Die Zeiten waren hart, die Vorschriften auch.

Dann übernahmen die Franzosen das Regiment in Nierstein. Sie brachten – nach der Mainzer Republik – ein zweites Mal die Demokratie nach Rheinhessen: Im September 1946 fanden erstmals wieder Kommunalwalen statt. Bei diesen wird auch Georg Schneider VII gewählt. Von ihm hören wir an der nächsten Station am Pestalozziplatz, dem Platz gleich hinter der Grundschule.

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